Vestre Jakobselv und die Region Varanger
Vestre Jakobselv und der Varangerfjord, ganz im Nordosten von Norwegen, bietet eine wirklich schöne Landschaft, die nochmal so ganz anders ist, als im übrigen Norwegen. Die Berge sind nicht so hoch, aber das Gestein an den Felsen erscheint teilweise wie aus einer anderen Welt. Hier oben gibt es neben der vielen Natur auch so einiges an kulturellen Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Die Stadt Vardø im Norden der Halbinsel ist Ausgangspunkt vieler Seefahrer, die auf der Nordpassage weiter in den Osten fahren wollen. Die Straße entlang am Nordufer des Varangerfjords bietet einige Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel die Kirche von Nesseby mit ihren Eisenkreuzen auf dem Friedhof. Und auch Kirkenes und die russische Grenze liegen ganz in der Nachbarschaft.
Vestre Jakobselv – Unterkunft in einer Campinghütte
Auf unserem Weg zum Nordkap im Januar 2020 sind wir zunächst über Rovaniemi in Finnland bis in den Nordosten Norwegens gefahren. Hier oben ist es im Winter gar nicht so einfach eine Hütte auf einem der wenigen Campingplätze zu finden. Für uns ist das Übernachten in Campinghütten einfach komfortabler, da wir mit unseren beiden Hunden in den meisten Hotels nicht unterkommen. Ausserdem sind wir in den Hütten flexibler, können für uns selber kochen und haben einfach etwas mehr Platz.
Der Vestre Jakobselv Camping liegt etwas abseits, nördlich der E75. Wichtig ist, dass Du im Winter dort per EMail Deine Ankunft ankündigst, denn sonst ist niemand dort draußen auf dem Platz, um Dir eine Hütte aufzuschließen. Allerdings hängt an der Rezeption eine Telefonnummer, die Du anrufen kannst. Wir hatten per Mail reserviert und unsere ungefähre Ankunftszeit mitgeteilt und so war der Platzwart auch bei unserer Ankunft vor Ort.
Nachdem er unsere Hütte von dem doch etwas hohen Schnee im Eingangsbereich befreit hatte, sind wir in die kleine aber gemütliche Hütte eingezogen. und haben unsere 7 Sachen ausgebreitet. Die Hütte hat eine kleine Küchenecke mit 2 Herdplatten und ein kleines Badezimer mit Dusche, WC und Waschbecken. Endreinigung übernimmt der Platzwart selber. Die Hütte ist sehr wohnlich und aus Blockbohlen gebaut. 4 Einzelbetten stehen im Schlafraum, 2 nebeneinander und 2 übereinander.
Auf der E75 am Fjord entlang
Bei unserem Besuch in der Region Varanger mussten wir uns aus Zeitgründen für ein oder 2 Sehenswüdigkeiten in der Region entscheiden. Da wir mehr Natur als Stadt sehen wollten, haben wir uns für den Ausflug zur Nordseite der Halbinsel entschieden und sind auf der Küstenstraße E75 nach Vardø gefahren. Schon die Fahrt dorthin war sehr beeindruckend. Da wir ja im Januar dort waren, gab es auf und neben der Straße viel Schnee. Sehr viel Schnee.
Das ein oder andere Räumfahrzeug kam uns entgegen und auch wenn die E75 ja eine Europastraße ist, war der Abstand zu unserem linken Spiegel mehr als einmal wirklich knapp. Wir hatten auf der Fahrt am Tag zuvor bereits einen wundervollen Vollmond aber heute war es, zusammen mit den Schneefeldern, noch mal eine Ecke schöner.
Zusäzlich sorgte die Sonne, die sich um die Mittagszeit bis an den Horizont heran gekämpft hatte, für eine unbeschreibliche Farbenvielfalt am Himmel. Denn eines müssen wir hier mal klarstellen, die Polarnacht bedeutet ja nicht, dass es den ganzen Tag dunkel ist. Von etwa 10:00 bis 14:00 Uhr herrscht dort oben im Januar eine Art blaue Stunde, die an wolkenlosen Tagen für schöne Farbenspiele am Himmel sorgt. Den Tag war es um die Mittagszeit fast wolkenlos und das konnten wir für das ein oder andere Foto ausnutzen.
Vardø – Hafenstadt mit Geschichte
Von Vestre Jakobselv bis nach Vardø an der Barentssee sind es etwa 90 km. Vardø liegt auf der Insel Vardøya und wird durch einen Tunnel unter dem Meer hindurch mit dem Festland verbunden. Kurz vor Vardø geht es auf einer kleineren Straße weiter nach Hamningberg, einer kleinen Stadt die nur während der Sommermonate erreichbar sein soll. Als wir dort im Januar langgekommen sind, war der Schlagbaum jedoch noch offen. Leider war unsere Zeit etwas zu knapp und wir konnten den Weg nicht mehr erkunden. Also ging es direkt weiter unter dem Meer hindurch nach Vardø.
In Vardø selbst gibt es 2 Kirchen, eine Festungsanlage aus dem 17. Jahrhundert, den Hafen und das Hexenmahnmal. Die Festungsanlage haben wir uns nur kurz von aussen angesehen. Mit unseren beiden Hunden ist die Besichtigung solcher Gebäude nicht so toll, den beiden wird das schnell langweilig :-). Durch den Hafen haben wir eine Runde mit unserem Auto gedreht. Ich hatte mir da ein bisschen mehr von versprochen, aber naja. Er ist ganz schön anzusehen, aber nicht zwingend eine Anreise wert.
Was aber auf jeden Fall eine Reise Wert ist, das ist das Hexenmahnmal an der Südküste der Insel. Wir haben unser Auto an der Festungsanlage abgestellt und sind durch den alten Teil von Vardø gegangen, der zum Teil noch zu dieser Anlage gehört. Den Weg sind wir in Richtung der alten Kirche, der Vardø Kapelle gefolgt. Dort weiter über den tief verschneiten Friedhof und über vereiste Wege bis zum Hexenmahnmal.
Das Hexenmahnmal von Vardø
Die Stadt Vardø hat eine dunkle Vergangenheit. Im Mittelalter wurden hier in dieser kleinen Stadt so viele Menschen wegen Hexerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie in keiner anderen Stadt Norwegens. Das Mahnmal besteht aus 2 Gebäuden. Wir sind zunächst in das eckige Gebäude aus Rauchglasscheiben gegangen. Es steht am östlichen Ende des Mahnmals. In dieser kleinen Halle steht ein Stuhl in der Mitte, aus dessen Sitzfläche ein Feuer aufsteigt.
Dieser Stuhl soll den Scheiterhaufen symbolisieren. Oben in der Halle sind 7 große runde Spiegel angebracht die auf die Feuerstelle herunterblicken. Egal in welchen der Spiegel man schaut, man sieht immer den brennenden Stuhl in der Mitte. Die Spiegel sollen somit die Richter darstellen, die auf das Opfer in der Mitte hinabblicken. Ein sehr bedrückender Ort, wenn man sich vor Augen hält, was die einzelnen Dinge bedeuten.
Das zweite Gebäude ist die lange Halle bestehend aus einer Konstruktion aus Holz und Segeltuch. In dieser Halle sind 91 Schrifttafeln aufgehängt. Jede Schrifttafel zeigt einen Auszug aus dem Gerichtsverfahren einer der Beschuldigten. Auf den Schrifttafeln sind auch die Namen der Verurteilten Frauen und Männer geschrieben und zu jedem Opfer ist eine Glühlampe an einem kleinen Fenster aufgehängt. Ich hatte letztens eines der Bilder, die ich in der Halle gemacht habe auf Instergram veröffentlicht und einer der Kommentare sagte, dass dieser Ort im Herzen widerhallt. Und genau das tut er.
Der Innenraum der Halle ist durch die kleinen Fenster und die 91 stark gedimmten Lampen nur sehr wenig beleuchtet. Der gesamte Innenraum der langgezogenen Konstruktion spiegelt die Stimmung dieses historischen Dramas wirklich gut wider. Man ist bedrückt und trauert noch im Nachhinein den Seelen nach. Janet meinte, es ist fast so als wären die Seelen noch anwesend. Von außen macht das Gebäude dabei gar nicht so den Eindruck als würde sich im Inneren eine solche Atmosphäre ausbreiten können. Der Ort hat bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Gerade auch die Lampen an den kleinen Fenstern stellen jede für sich eine der verlorenen Seelen dar, die durch das Fenster einen kleinen Blick ins Licht erhält. Fantastisch umgesetzt.
Rückweg nach Vestre Jakobselv
Als wir aus dem Mahnmal wieder herauskamen, war die Sonne schon wieder weiter hinter dem Horizont verschwunden. Es wurde langsam dämmrig und wir haben uns entschieden, nach diesem beeindruckendem Ort, den Heimweg zu unserer Hütte anzutreten. Auf dem gleichen Weg wie auf der Hinfahrt ging es wieder an der Küste der Halbinsel Varanger entlang bis Vadsø. Vadsø ist die nächst größere Stadt hier in der Gegend und das haben wir dann auch genutzt um für den Abend noch ein paar Lebensmittel einzukaufen.
So eine Reise im Januar in Nordnorwegen hat natürlich auch einen klaren Nachteil. Es wird spät hell und früh wieder dunkel. Wenn Du aber denkst, dass das nur ein Nachteil ist, dann irrst Du Dich. Viele der Bilder die wir auf den Reisen in die Polarnacht gemacht haben, sind entweder während der Dämmerung oder aber auch direkt im Dunkeln entstanden.
Auf unserem Hinweg, von der Grenze Finnlands bis nach Vestre Jakobselv sind wir an einer interessanten Kirche vorbeigekommen, die wir noch unbedingt besuchen wollten. An diesem Tag war es dafür leider schon zu spät, aber am nächsten Morgen wollten wir noch vor Sonnenaufgang dort sein.
Nesseby Kirche
Am nächsten Morgen sollte es für uns schon weiter von Vestre Jakobselv in Richtung Nordkap gehen. Die Nacht hatte es hier wieder verstärkt angefangen zu schneien und so sind wir früh aufgebrochen. Zum Thema Schnee müssen wir dann gleich auch noch was sagen…Wir sind also früh losgefahren und waren noch in stockfinsterer Nacht an der Kirche von Nesseby.
Die Kirche von Nesseby liegt etwa 20 km westlich von Vestre Jakobselv auf einer kleinen vorgelagerten Halbinsel im Varangerfjord. Die Kirche ist eigentlich nichts besonderes. Die Bauart dieser kleinen Kirchen findet man hier oben im Norden an vielen Stellen. Auch, dass der Friedhof direkt an der Kirche liegt, ist hier nichts Außergewöhnliches. Allerdings ist dieser Friedhof hier schon etwas besonderes, denn anstelle von Grabsteinen finden sich hier alte, verwitterte Eisenkreuze auf den Gräbern. Das macht die Kirche und ihre Umgebung zu einem Anziehungsort für viele Fotografen.
Auch wir wollten uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen und ein paar Fotos von der Kirche und den Kreuzen machen. Aber es war ja noch dunkel. Der Tip für jeden, der in die Polarnacht fährt heißt daher, ein Stativ mitzunehmen. Ohne das sind ansonsten nur zu sehr begrenzten Zeiten Fotos möglich. Und wer vielleicht noch Nordlichter fotografieren möchte, der kommt um ein Stativ sowieso nicht herum.
Wetter in Vestre Jakobselv
Laut unserem Vermieter ist die Gegend um Varanger nicht so schneereich, aber diesen Winter gab es bereits im Oktober den ersten Schnee und der ist auch nicht wieder weggetaut. Das heißt, wer hier oben in der Gegend unterwegs ist, sollte immer ein Auge auf das Wetter haben, denn das kann auch mal seine Kapriolen schlagen und dann kann es auch mal etwas brenzlig werden. Schnee, Eis, Sturm und Lawinen gibt es dort oben regelmäßig.
Auf unserem Weg von Vestre Jakobselv in Richtung Nordkap sind wir in solch eine Situation gekommen. Wir wollten auf der Küstenstraße in Richtung Nordkap fahren und mussten dabei über ein Fjell, also eine Hochebene fahren. Die Fjellstraßen werden bei zu viel Schnee gesperrt. Dafür gibt es an jeder Zufahrt zum Fjell einen Schlagbaum der bei Bedarf geschlossen wird. Als wir am Fjell ankamen, war der Schlagbaum offen und eine frische Reifenspur führte die Straße zum Fjell hinauf.
Noch während wir auf dem Weg hoch zum Fjell waren fing es dann aber immer mehr an zu schneien und oben war der Schneefall so dicht, das wir nicht weiter als bis zum Ende unserer Motorhaube schauen konnten. Die Scheibenwischer sind immer wieder vereist und eine Orientierung war nur noch an den Begrenzungsstangen links und rechts in den Schneebergen möglich. Uns wurde zusehends mulmiger denn der Schnee auf der Straße wurde immer dicker. Als wir endlich in Ifjord angekommen sind und der dichte Schneefall aufhörte, haben wir erst mal eine Pause eingelegt und unser Auto bewundert:
Zum Nordkap sind wir auf dieser Reise übrigens nicht gekommen, da es genau in der Zeit dort oben extremen Schneefall und Lawinen am Nordkap gab. Wir können nur den Rat geben, schau immer mal wieder in die App des norwegischen Wetterdienstes YR.no
So und hier verlinke ich Dir auch noch eine Seite mit weiteren Infos zu der Region Varanger.
Unsere Film- und Fotoausrüstung
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